Der katholische Gottesdienst, der in Kandel seit der Reformation (etwa 1553) unterblieben war, wurde in den Reunionsjahren wieder eingeführt, die katholische Kirche durch Ludwig XIV 1685 wieder hergestellt. Die St. Georgskirche wurde seitdem bis 1958 als Simultaneum benutzt. Die Kirchenbücher der katholischen Gemeinde beginnen 1687 neu.
Über die katholische Pfarrseelsorge vor dem dreißigjährigen Krieg ist fast nichts bekannt, sie betraf in Kandel aber auch nur sehr wenige Familie. Die Zahl der Katholiken wuchs jedoch nach dem Reunionsspruch. Kapuziener aus der Schweizer Ordensprovinz, darunter auch Elsässer, wurden mit der Pfarrseelsorge der Herrschaft Guttenberg betraut. Es war mühsame Arbeit, die paar katholischen Schäflein zu betreuen, die zerstreut in den protestantischen Gemeinden lebten. Ihre Zahl erhöhte sich nur sehr langsam, doch strenge königliche Verordnungen schützen sie in ihrem Wachstum.
Der lutherische Pfarrer Johann Georg Steuernagel muss hinnehmen, dass den Katholiken der Chor des Kirchengebäudes zugesprochen wurde. Die Katholiken beriefen sich hierbei auf den Befehl von Louvois zur allgemeinen Einführung von Simultanen in Orten, in denen sich sieben katholische Familien befinden. Die schriftliche Fassung dieses Befehls wurde aber nie gefunden. Verschiedene protestantische Historiker vermuten, dass dieser Befehl geheim gehalten wurde, da er den Bestimmungen des Westfälischen Friedens widersprach. Oberamtmann Johann Georg Wimpfen übergab die Kirche zum Mitgebrauch an die Katholiken, obwohl er sich nicht „uff königlichen Brief und Siegel berufen konnte, da er doch nur einen Zettel (vorweisen konnte), den ein Jesuit zu Candel im Wirtshaus geschrieben“ hatte. Dem Katholiken Wimpfen, der aus einem alten Hagenauer Geschlecht stammt, oblag es, die Befehle der königlichen Regierung auszuführen und in weniger wichtigen Sachen selbst zu entscheiden. Zugleich unterstand er auch den früheren reformierten Landesfürsten, welche jetzt nur noch Territorialherren waren. Der Spagat, einerseits Vertrauensmann am Hof des Fürsten zu sein und andererseits die Lutheraner zu schikanieren, machte ihm offensichtlich keine Probleme.
Im Jahr 1689 brach der sogenannte pfälzische Erbfolgekrieg aus. Ludwig XIV. glaubte im Namen seiner Schwägerin Liselotte, Schwester des verstorbenen Kurfürsten Karl, Erbansprüche erheben zu können. Das wechselnde Kriegsglück weckte bei den Protestanten zeitweilig die Hoffnung, das Simultaneum abschütteln zu können. Ludwig XIV. gab gemäß dem Frieden von Ryswyck die meisten reunierten Länder den früheren Besitzern zurück, darunter auch das Herzogtum Zweibrücken, doch die Herrschaft Guttenberg blieb weiter unter der Kontrolle der französischen Krone.
Gustav-Samuel war im Jahr 1696 in Rom zum katholischen Glauben übergetreten, was die Lutheranern der Herrschaft Guttenberg ängstigte. Doch seine Ehe mit der zwölf Jahre älteren Dorothea von Veldenz brachte im wenig Glück. Sie war die Tochter von Leopold-Ludwig und die Letzte aus dem Geschlecht des Pfalzgrafen Ruprecht. Der Papst verweigerte mehrfach die Anerkennung dieser Ehe wegen Blutsverwandtschaft und Bekenntnisunterschied. Trotz der Eheschwierigkeiten übertrug Dorothea durch Vertrag vom 13. April 1718 und 24. April 1723 ihre Güter ihrem Mann.
Die Scheidung 1723 beunruhigte die Protestanten erneut. Die religiösen Verhältnisse erfuhren durch den Ryswycker Frieden im Guttenbergischen keine Änderung gegenüber dem „Normaljahr“ 1624. Das Simultaneum war durch die Liste Chamoy aufs neue garantiert, die Franzosen gaben jedoch die Herrschaft Guttenberg nicht aus der Hand. Es blieb bei der berühmten Klausel: „an allen restituierten Orten bleibt die römisch-katholische Religion in dem Zustand, in welchen sie jetzt ist“. Auch die Friedensverhandlungen von Rastatt brachte den Protestanten nicht die erwünschte Aufhebung dieser Ryswycker Religionsklausel; die Sonderlage des Amtes Guttenberg, eines „baillage contesté“ blieb unverändert, sodass Ludwig XIV weiterhin dieses Gebiet nach französischem Recht verwaltete.
Dr. Werner Esser